Nerven

Neulich sind einem DUMMY-Leser die Nerven durchgegangen. Offensichtlich haben wir ihn so in Rage gebracht, dass er ein Paket mit Scheiße füllte und es an unsere Redaktion schickte. Da lag es dann eine Weile, bis wir es öffneten. Und beim Anblick des braunen Inhalts dachten wir, dass unser aktuelles Thema ganz gut in die Zeit passt. Im Moment scheinen bei vielen Menschen die Nerven blank zu liegen. All denen widmen wir diese Nummer. Calm down and read DUMMY!

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Inhalt

Vom Gurren und Murren

Große Aufregung in einer hessischen Kleinstadt: Als Hunderte Stadttauben per Genickbruch getötet werden sollen, gibt es einen riesigen Shitstorm und weltweite Empörung. Und am Ende doch: ein bisschen Frieden

Beruhigt euch mal!

Einige Gedanken, warum es gerade jetzt ein Nerven-Heft braucht. Unser Editorial

Ein rasend gutes Geschäft

In der Provinz bei Freiburg baut ein Familienunternehmen seit über hundert Jahren Achterbahnen für die ganze Welt. Besuch bei denen, die aus unseren Nerven das Geld rauskitzeln wollen

Ganz Ohr

Wechseln Sie das Zugabteil, weil Sie die Geräusche der Mitfahrenden aggressiv machen? Können Sie das Geschmatze oder Atmen Ihrer Mitmenschen nicht ertragen? Willkommen bei den Misophonikern

Warte, bis es dunkel ist – Nicht schlafen können kann ja jeder. Dieser Mann findet nur in bestimmten Räumen keine Ruhe – und fragt sich, warum 

Ein rasend gutes Geschäft – Mit der Stimmung der deutschen Wirtschaft geht’s bergab? Nicht in der Achterbahn-Branche! 

Völlig verzetteltIn Berlin hängen überall Botschaften, die vom Ärger der Mitmenschen künden 

Da liegt er nicht so falschNervige Zeit, ganz klar. Aber es gibt Tricks, wie man locker bleibt. Nach diesem Text haben Sie die drauf 

Vom Gurren und MurrenIn Limburg wollte die Stadt Tauben das Genick brechen, weil sie alles vollkacken. Dann kam der Shitstorm 

Auf der FluchtUngebremst die Berge runter kacheln: In Kolumbien fahren sie auf spezielle Art Fahrrad 

Open MindDas Hirn hat keine Schmerznerven. Daher kann man Tumore ohne Narkose entfernen. Eine hellwache Reportage aus dem OP 

Die AbtrünnigenAus Nordkorea muss man weg, keine Frage. Nur wie? Porträts von  todesmutigen Geflüchteten 

Im SogMeine Krankheit ist ein Monster, das  aus allem die Farbe dreht. Ein großartiger, deprimierender Text 

… und raus bist duPenelope ist schon fast 200 Mal Fallschirm gesprungen. Und immer noch muss sie sich überwinden 

Ganz Ohr – Könnten Sie bitte nicht so laut atmen. Ich leide an Misophonie 

No Men NoIn Mexiko City fahren die Frauen lieber in eigenen U-Bahn-Waggons. Ist besser so 

Für alle FelleVom Versuch, in einem Freiburger Katzencafé runterzukommen 

Zum IrrewerdenDie Geschichte einer Klinik, in der man psychisch Kranke über Jahrhunderte gequält hat 

Mitarbeiter dieses Hefts

Ines Janas

Fotografin

Fast fühlte es sich an, als ob sie gleich selbst aus 4.000 Meter Höhe springen müsste. In dem engen kleinen Flugzeug saß Ines Janas (41), festgegurtet an ihren Sitz, direkt neben der Tür, um die Schar der Fallschirmspringer in dem Moment zu fotografieren, in dem sie sich in die Tiefe stürzen. Doch ihr blieb kaum Zeit, ihren eigenen Adrenalinschub zu genießen. In Sekundenschnelle sprang einer nach dem anderen, ohne zu zögern, und übrig im Flieger blieben neben der Besatzung nur Ines und die Reporterin Anna-Lena Schlitt – voller Bewunderung für Penelope, die Protagonistin ihrer Reportage. Nur wenige Augenblicke vor dem Sprung glaubten die beiden, der 28-Jährigen ihre Aufregung anzusehen; zuvor waren alle Springer noch um Coolness bemüht. Und kurz bevor das Rolltor des Fliegers geöffnet wurde, war da diese unglaubliche Stimmung an Bord – irgendetwas zwischen totaler Konzentration, Routine und Vorfreude. „Ich hätte es nie für möglich gehalten", sagt Ines „aber plötzlich hab ich auch Bock aufs Fallschirmspringen.“

Bruno Track

Autor

„Volkskrankheit Depression“, titelte der „Stern“ 2018. Schon wieder eine überdramatisierte Schlagzeile? Von wegen. Hört man sich im Freundes- und Bekanntenkreis um, scheint das nicht übertrieben zu sein. Aber lange hielten Betroffene ihre Seelenqual geheim, galten doch psychische Erkrankungen als Stigma. Zum Glück ist das vorbei: Prominente und Influencer outen sich, diskutieren über die weit verbreitete Krankheit. Einen besonders schonungslosen Text hat ein langjähriger DUMMY-Autor (40) für uns geschrieben. Eigentlich hätte er kein Problem, wenn alle Welt über seine Depressionen Bescheid wüsste. Und doch hat er sich für ein Pseudonym entschieden, aus Rücksicht auf seine Familie. Kann es heilsam sein, etwas zu Papier zu bringen? Unser Autor ist nicht ganz frei von diesem Glauben. Seit genau einem Monat geht es ihm erstaunlich gut. Aus seinem Urlaub schreibt er der Redaktion: „Mir scheint wieder die Sonne aus dem Hintern. Medikamente wirken, Leben ist wieder da, alles, wirklich alles scheint wieder heller. Völlig verrückt nach dreizehn Monaten Finsternis. Ob es auch mit dem Text zu tun hat? Ich weiß es nicht. Aber ich genieße es.“

Felix Kosok, Anna Pirot

Artdirection

„Heart Director“ stand groß auf dem T-Shirt, mit dem Felix Kosok (36) uns das erste Mal in der Redaktion besuchte – und das war ja mal ein Versprechen. Die eigene Profession ein wenig auf die Schippe nehmen, das gefällt uns. Schnell wurde klar, dass Felix tatsächlich so einiges am Herzen liegt. Zuvorderst etwa die politische Wirkung von Design. „Design for democracy“ heißt eins von Felix´ Projekten, das im Rahmen der Weltdesignhauptstadt Frankfurt am Main 2026 erforscht, wie man mit Formgebung die Demokratie stärken kann. Nebenbei ist Felix an der German International University Berlin seit 2021 Professor für Grafikdesign und Designtheorie. Dieses DUMMY hat er gemeinsam mit der Designerin Anna Pierot (42) gestaltet, die es im Gegensatz zu Felix eher zur minimalistischen Grafik treibt und die an der Frankfurter Academy of Visual Arts lehrt. So kamen bei den beiden aufs Schönste die unterschiedlichen Stimmungen zusammen – auch im Heft. Gemeinsam schufen Anna und Felix Layouts, die einen mal gechillt zurücklehnen lassen und mal an den Nervenenden kitzeln.