Kindheit

Ein Wahlrecht ab Geburt klingt für viele erst mal nach einer Schnapsidee, wenn man sich aber vor Augen hält, wie viele alte Menschen mit Demenz oder anderen kognitiven Einschränkungen ganz selbstverständlich wählen dürfen, klingt es schon zwingender. Denn mal ehrlich: So viel, wie die sogenannten Erwachsenen versaubeuteln, sollte man den Laden doch lieber den Kindern überlassen. Aber stattdessen definieren Erwachsene, was Kinder dürfen und sollen, Kinder werden dazu nicht befragt. Auch die Politik interessiert nicht wirklich, wie es ihnen geht; ihre Zukunftsängste werden auf jeden Fall nicht ernst genommen. Aber nicht nur darum geht's in diesem Heft, auch, was unsere Kindheit später in unserem Leben bedeutet.

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Inhalt

Junge, Junge

Über ein Kind, dessen Pflegefamilie kurz vorm Durchdrehen ist

Immer auf die Kleinen

Als Kinder würden wir in diesem Land auch abschalten: unser Editorial zum neuen Heft

Wir Kinder vom Bahnhof Haribo

Kein Hasch, kein Heroin, nicht mal Kokain: Unser Autor ist abhängig von Goldbären. Eine Abrechnung mit dem Dealer

Wenn wir weinen

Nach diesem Jahr darf man auch mal heulen. Und wenn man sich die Tränen mal ganz genau anschaut, gibt es auch wieder viel Grund zur Freude. Alles über ein urmenschliches Bedürfnis

Es hat mir nicht geschadet ...

Wirklich nicht? Eine Tochter, die ein bisschen besser ist als ihre (Raben-)Mutter, denkt über ihre Kindheit nach – und darüber, was die Gewalt von damals heute bedeutet

Unendlicher Spaß – Werden wir alle immer infantiler? Na klar! Besuch auf einem Indoor-Spielplatz für Erwachsene

Als wir träumten – Früher habe ich die Sommerferien bei meiner amerikanischen Familie geliebt. Heute sind mir diese Menschen völlig fremd

Vom Zauber des VergangenenOft wird die Kindheit verklärt: so frei, so schön, so ungebunden. Aber war sie wirklich so? Und was macht eine gute Kindheit aus?

Die Erfindung des Genies – Wie ein Ukrainer aus seinem Sohn den klügsten Menschen der Welt machte

Das ist mein Mädchen – Erst wollte sie ihr behindertes Kind nicht haben – heute bekommt sie nicht genug davon

Junge, Junge – Dieser Pflegesohn treibt seine Eltern in den Wahnsinn

Was sich junge Dinger so ausdenken –Unser Sportlehrer hat meine Freundin missbraucht. But who cares

Verkehrte Welt – Schon peinlich, wie entmündigt Kinder in Deutschland sind

Aus dem Schatten treten – Geflüchteten Kindern analoge Kameras in die Hand drücken? Sehr gute Idee

The British style – Der Erziehungsstil meiner Mutter würde heute nicht mehr durchgehen

Eine gute Figur machen – Actionhelden sind schon sehr klischiert. Zeit, sie zu neu zu denken

Place to be – Ein Platz für vergewaltigte Frauen, die Kinder bekommen

Wenn Dämme brechen – Nicht nur Kinder sollen heulen: Alles über Tränen

Wir Kinder vom Bahnhof Haribo – Sorry, Goldbären, aber diesen Jungen habt ihr auf dem Gewissen

Das alte Baby – Eine Gute-Nacht-Geschichte für Erwachsene

 

 

Mitarbeiter dieses Hefts

Peggy Seelenmeyer & Ann-Kristin Kühl

Artdirektion

Noch vor dem ersten Kennenlernen erreichte uns ein aufgeregter Anruf aus der Druckerei. Es hätte sich jemand gemeldet und ganz seltsame Fragen zu DUMMY gestellt. Industriespionage? Übergriffige Konkurrenten? Auflagenkontrolldienst? Letztlich war alles viel harmloser. Peggy (37) und Ann (34) hatten sich schon mal vorab bei der Druckerei nach den Kosten für ein Heft mit abgerundeten Ecken erkundigt. Was viel zu teuer war, aber klarmachte: Da kündigte sich ein spannender Diskurs darüber an, wie kindlich ein Heft über Kindheit gestaltet werden muss. So wenig wie möglich – war die eindeutige Haltung der Redaktion. Schließlich wolle man nicht zur Infantilisierung der Gesellschaft beitragen. Peggy und Ann waren da anderer Ansicht und warfen immer wieder Triggerworte aus ihrer Kindheit in die Runde: Marshmallows! ! Pommes rot-weiß! Verkleidungspartys! Letztlich haben uns die beiden ein Stück weit therapiert: Ja, man kann auch eine spielerische Schrift und mehr Buntheit zulassen, ohne den Anspruch an eine adulte Dialektik aufzugeben. Runde Ecken machen wir dann bei der Ausgabe über Ecken & Kanten.

Jacinta Nandi

Autorin

Natürlich war früher nicht alles besser. Und in den Genuss einer durchweg unbeschwerten Bullerbü-Kindheit kommen sicher die wenigsten Menschen. Doch ist der Versuch, Vergangenes zu verklären, immer wieder groß. Auch für unsere Autorin Jacinta Nandi (44) war der Grat schmal, beim Blick zurück auf die eigene Kindheit einiges rosiger erscheinen zu lassen, als es vielleicht war. Jacinta wuchs in den Achtzigerjahren in Ost-London auf, in einer britischen Arbeiterfamilie. Damals waren die Methoden der Kindererziehung noch ganz andere als heute, die eine oder andere Handgreiflichkeit gehörte in vielen Familien dazu. Dass man seinen Eltern im Nachhinein verzeiht, vor allem, wenn man selbst erfährt, wie nervtötend Kinder mitunter sein können, weiß Jacinta nur allzu gut. Sie lebt als alleinerziehende Mutter, Poetry-Slammerin und Autorin mit ihren zwei Söhnen in Berlin.

Alexandra Polina

Fotografin

Herkunft und Identität – das sind zwei Kategorien, mit denen sich Alexandra Polina (40) als Fotografin gern beschäftigt. Sie selbst ist in Usbekistan geboren und aufgewachsen, studiert hat sie in Bielefeld, zurzeit lebt sie in Hamburg. Insofern passte unsere Anfrage, ob sie für uns den Ü18-Abend im Hamburger Indoorspielplatz „Rabatzz“ fotografieren mag, nicht nur geografisch. Denn an einem Ort, wo erwachsene Menschen im Bällebad herumtoben, sich auf großen Schaukeln amüsieren und endlose Rutschen runtersausen, stellt sich die Frage nach dem „Wer-bin-ich?“ auf ganz besondere Weise. Alexandra jedenfalls hat sich in der Riesenhalle mit Elektrobullen, Hochseilgarten und Gokart-Bahn gleich sehr wohlgefühlt. Leider kam sie nicht dazu, beim großen Ringelpiez mitzumachen. „Wenn ich nicht gearbeitet hätte, wäre ich auch ins Bällebad gesprungen“, sagt Alexandra, „darin kann man sich so gut verstecken.“