Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Mein „kleiner Freund“ mimte den Halbstarken, und das Mädchen, dessen Name ich vergessen habe, wurde langsam etwas ungeduldig. Sie war hübsch, mit dunklen Locken, und wir mühten uns in meiner Koje ab. Draußen herrschte tiefer Winter, und die wichtigsten Körperteile von „Löckchen“ – wie ich sie jetzt mal nenne – lagen noch tief vergraben. Dicke gelbe Frotteesocken mit kleinen Elefanten drauf ließen nicht mal erahnen, was sich darunter verbarg.
Wir küssten uns wieder, und ich musste mich ständig umdrehen, weil ich darauf spekulierte, dass sie vielleicht die Socken endlich abstreifte. „Was guckst du denn da?“, fragte sie unwirsch. Als ich endgültig abzuschlaffen drohte, übernahm der noch intakte Rest meines Körpers die Verantwortung. Ich ließ von ihr ab, rutschte zurück und streifte ihr die unförmigen Strümpfe von den Füßen. Dann traf mich der Schlag, und ich war einen Moment benommen. Noch niemals hatte ich derart göttliche Füße gesehen.
Sie waren wie gemeißelt, präsentierten einen wohlgeformten großen Zeh, dessen Nagel, perfekt gerundet, von der Seite betrachtet über das Nagelbett leicht hinausragte. Es war, glaube ich, der schönste große Zeh, den ich je gesehen hatte. Das war schon die halbe Miete, denn der große Zeh war das Wichtigste. Doch bei Löckchen folgten dem König die Prinzen. Etwas verkürzt der zweite Zeh und dann alle anderen in abgestufter Länge und in gleichmäßigem Abstand voneinander. Der sogenannte ägyptische Fuß in Vollendung.
Die Nägel waren nicht lackiert und trotzdem von einer so ebenmäßigen Schönheit, dass sich meine Männlichkeit wieder zurückmeldete. Ich tippte auf Schuhgröße 39 bis 40, die perfekte Größe für eine Frau, um ihrem Fuß Dominanz und einen großen Auftritt zu verleihen. Dann betrachtete ich noch ihre Fesseln. Ich sah sie vor mir in High Heels, die Achillessehne athletisch gespannt und umrahmt von einem Riemchen. Darunter der Hacken sich formschön auf der Sohle verbreiternd. Obwohl ich erst 19 Jahre alt war, hätte ich dieses Mädchen sofort geheiratet, nur wegen ihrer Füße. Alles andere war völlig egal, ihr Charakter, ob wir zusammenpassten, ob sie Geld hatte. Das sah Löckchen offenbar völlig anders. Skeptisch und auf ihre Ellenbogen gestützt musterte sie mich. Ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen und nahm ihren rechten Fuß in den Mund. Er war fest und schmeckte nach einem langen Tag, was mich noch mehr anturnte. Doch sofort wurde er mir wieder entrissen, so dass mir die Zähne klapperten. „Was willst du denn mit meinen Füßen, bist du krank?“, schrie sie mich an und sprang aus dem Bett. „Lieben will ich sie“, antwortete ich ehrlich und diesem Anblick noch völlig ergeben. „Iiiiiiii“, quietschte sie ganz laut und lang gezogen, um mich zu übertönen. Dabei hielt sie sich die Ohren zu. In Windeseile zog sie sich an. Ich druckste herum, wollte es ihr erklären, doch Löckchen schrie weiter, ich solle die Klappe halten. Sie verpackte ihre Heiligtümer wieder in den Elefantensocken und streifte hastig ein paar unförmige Turnschuhe über. Dann verschwand sie auf Nimmerwiedersehen.
Ich schätze, sie ist sich bis heute nicht bewusst, was sie da mit sich herumträgt. Ein nie entdecktes Fußmodel, deren Schätze den Blicken von Millionen Menschen für immer verborgen bleiben.

War ich krank, nur weil mich Frauenfüße faszinierten? Oft stellte ich mir diese Frage, wenn ich im Laufe meines Lebens anderen Männern von meiner Vorliebe erzählte und immer nur verständnisloses Kopfschütteln erntete. „Die Frau hört bei den Füßen auf“, sagte mal ein dumpfer Kerl zu mir während einer aufgeregten Macho-Diskussion. „Nein“, entgegnete ich überzeugt, „da fängt sie an.“

Schon als Kind betrachtete ich interessiert die schönen Füße meiner Mutter, wenn sie mich am Badestrand abtrocknete. Als beim Ferngucken in den Siebzigern „Kleopatra“ über unsere Schwarz-Weiß-Kiste flimmerte, hob ich elektrisiert mein kindliches Haupt, als Liz Taylor im weißen Gewand barfüßig über die Steinfliesen ihres Palastes huschte. Das Schlüsselerlebnis hatte ich dann mit 15 Jahren. Ich saß bei einer Party auf einer Matratze herum. Neben mir knutschte ein Pärchen. Die Füße des Mädchens waren nackt, und sie merkte bei ihrer wilden Knutscherei nicht, dass sie ständig gegen meine Oberschenkel trat. Ich betrachtete ihre Füße und konnte den Blick nicht mehr losreißen. Mich faszinierten diese Kurven und Schwingungen, das Hervortreten der Sehnen, die Anmut der Muskulatur, die Form der Fußsohlen, die Verbindung des Fußes zum Bein. Als wäre das alles eine eigenständige geheimnisvolle Welt, die zu berühren und zu liebkosen ein wichtiger Aspekt meines Lebens werden sollte.
Jahrelang trug ich meinen Fetisch nur heimlich mit mir herum. Der Vorteil war, ich konnte im Sommer immer nach unten gucken. Keiner Frau fiel es jemals auf, dass ich ihre Füße betrachtete. Im Gegensatz zu Busen- und Hintern-Glotzern war ich fein raus. Ich machte das auch ziemlich geschickt. Dabei war es gar nicht wichtig, ob es junge oder ältere Frauen waren, ob sie vielleicht Feinstrumpfhosen trugen und nur ein rosa lackierter Zeh für einen Moment hervorblitzte oder ob die Füße nackt waren. Alles, was unterhalb der Wade einer Frau passierte und Teile ihres Fußes freigab, schlug mich in seinen Bann.
Wenn ich ausnahmsweise mal eine Frau in Sandalen oder High Heels erblickte, fuhr ich mit meinem Fahrrad an ihr vorbei, enterte den Gehweg und lief ihr wieder entgegen, um dann beim Vorbeilaufen ihre Füße zu betrachten. Waren sie nach meinem Geschmack, blieb ich wie vom Donner gerührt stehen und hatte das tiefe Verlangen, ihr hinterherzulaufen, um sie darum zu bitten, ihre schönen Körperteile wenigstens eine Minute betrachten zu dürfen. Das habe ich natürlich niemals getan, denn ich bin ja ein Liebhaber und kein Triebtäter. Das Verlangen allein und der süße Schmerz, sie gehen lassen zu müssen, machten mich glücklich.
So extrem wie Löckchen reagierte kaum eine Frau, der ich in meinem späteren Leben näher kommen durfte. Die meisten waren eher amüsiert. Manche fühlten sich auch geehrt, denn noch niemals hatten all diese Ignoranten, mit denen sie vor mir ihre Zeit verbrachten, auch nur einen Blick an ihre Füße verschwendet. Meine künftigen Freundinnen stellten ihre Füße zu meiner freien Verfügung. Ich begleitete sie beim Sandalenkauf und hatte auch Mitspracherecht bei der Höhe des Hackens. Meistens plädierte ich für High Heels. Denn in hochhackigen Schuhen glänzen auch Füße, die nur auf sich gestellt bei Form und Anmut einen kleinen Punktabzug bekommen. Bei der Auswahl des Nagellacks favorisierte ich die blassen Rosa-Töne, durchsichtig oder French Manicure. Das hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Jede Art von Farbe auf den Zehen ist für mich inzwischen eine Augenweide. Auch bei der Form bin ich nicht mehr so stark auf das rein Schöne fixiert. Der weibliche Fuß muss Charakter haben, neugierig aussehen statt selbstzufrieden, angriffslustig statt gelangweilt.
Für einen Fußliebhaber wie mich gab es magere und fette Jahre. Während ich in den Achtzigern ziemlich gut auf meine Kosten kam – weiße Peep-Toe-Pumps oder Sandalen mit Keilabsatz bereiteten mir unbändige Freude –, wurde es in den Neunzigern düster. Die Grunge- und Techno-Welle war auch bei Mädchen und Frauen dominiert von derben Boots und Turnschuhen. Auf der Straße herrschte Fußnotstand, in den Medien war es noch viel schlimmer.

Es gab praktisch keine Filme oder Fernsehsendungen, in denen dem Frauenfuß Beachtung geschenkt wurde. Auf vielen Werbefotos waren sie einfach abgeschnitten, und ich musste zu außergewöhnlichen Mitteln greifen. Als ich einmal beim Zahnarzt saß und eine zerfledderte „Brigitte“ aus dem Vorjahr durchlas, fiel ein Werbeprospekt für Sandalen heraus, auf dem es nur so von schönen Füßen wimmelte. Fortan klaute ich am Kiosk immer den Prospekt und bastelte mir eine Mappe. An fußarmen Herbsttagen durchblätterte ich sie dann und träumte mich in ein Pedikürestudio, in dem ich, ohne dass mich jemand bemerkte, Zeuge von Lackierarbeiten an mit Wattebäuschchen gespreizten Zehen sein durfte.
Dann kam „Boomerang“, eine mittelmäßige Hollywood-Komödie mit Eddie Murphy. Darin sucht sich Eddie seine Herzensdame nach der Form ihrer Füße aus. Ich sah ihn mehrmals im Kino und besorgte mir den Film auch als Video. Aber alle Versuche, meine Freunde für dieses epochale Werk zu begeistern, fruchteten kaum. „Ich guck mir doch nicht so ’nen Blödsinn an, nur weil du auf irgendwelche Füße scharf bist“ war die einhellige Antwort. Erst mit Quentin Tarantinos Filmen bekam der Fußfetisch endlich die gesellschaftliche Aufmerksamkeit, die er verdient. Zigmal stoppte ich die Szene in „Pulp Fiction“, wo man Uma Thurmans Fußsohlen betrachten kann, oder ergötzte mich an Bridget Fondas ringgeschmückten Zehen in „Jackie Brown“. Nicht zu vergessen natürlich Diane Kruger in „Inglourious Basterds“, als sie Bösewicht Christoph Waltz hingestreckt auf dessen Knie ihren rot lackierten Superfuß präsentiert. Herrlich.
Inzwischen erkenne ich einige prominente Damen schon an ihren Füßen, denn Internetseiten wie Wikifeet ermöglichen mit entsprechender Zoomfunktion den scharfen Blick auf die schönen und manchmal weniger anmutigen Füße der Celebritys.
Auch die Straße ist für uns Fußliebhaber inzwischen ein vielfältiges Paradies. Seit kurz nach der Jahrtausendwende die Sandalen-Welle begann, die bis heute anhält, weiß ich im Sommer gar nicht mehr, wo ich zuerst hingucken soll. Dann sitze ich manchmal völlig überfordert auf einer Parkbank und sehne mich nach dem Winter, der mir eine Atempause gönnt von meiner großen Leidenschaft.