Privat

Selten waren die Menschen so wenig privat wie heute: Die Straßen säumen Überwachungskameras, bei jeder Kreditkartenzahlung entstehen Bewegungsprofile, um sie zu monetarisieren. Und wer wirklich glaubt, dass ihn sein Smartphone nicht abhört, ist entweder naiv oder arbeitet beim notorisch arglosen Bundesinstitut für Risikobewertung. Das Erstaunliche ist: Den meisten scheint es völlig egal zu sein, dass sie gläsern sind, ausrechenbar, offene Bücher. Fast alle von uns zahlen gern mit der Aufgabe der eigenen Privatsphäre für ein komfortables Leben, in dem alles vom Sofa aus mit ein paar Klicks über PayPal oder Apple Pay erledigt werden kann.

In den WarenkorbSehr faire 8 €

Inhalt

Darmwind of Change

Die eigene Verdauung geht eigentlich niemanden was an, aber seit das Mikrobiom in aller Munde ist, gehört es fast schon zum guten Ton, über Bakterien und Stuhlsäulen zu sprechen. Unsere Autorin gibt tiefe Einblicke.

Heute ein Häuptling

Mehr cultural appropriation geht eigentlich nicht – und dennoch handelt es sich bei den Indianisten aus dem wilden Osten um ein ziemlich nettes Völkchen

Die Unbeirrbare

Nein, ein Mann, der seine Kinder schlägt, kann kein guter Vater sein: Wie die Anwältin Christina Clemm nicht nur gegen gewalttätige Männer kämpft, sondern auch gegen die Milde der Frauen

Der Boy ist sowieso never mine / Wie kommen die Menschen drauf, auf der Bühne aus ihren Tagebüchern vorzulesen?

Mein Herz ist keine Mördergrube / Klimawandel, Krieg, Krise: Diese Gedanken dazu müssen raus

Ihr müsst draußen bleiben / Nur im Badezimmer sind wir ganz bei uns

Sachen gibt´s / So eine Haushaltsauflösung ist eine traurige Sache. All die Dinge, die einem Menschen mal viel bedeutet haben, wandern auf den Trödel – oder in den Müll

Was zur Hölle / Wir drehen das Kreuz mal um. Jetzt muss mal ein Pfarrer beichten

Der Blick zurück / Wenn die Frau in der Peepshow plötzlich die Kamera zückt

Die Unbeirrbare / Frauen, die geschlagen und vergewaltigt werden und dann Angst haben, den Täter anzuzeigen. Das sind genau die richtigen Fälle für diese Anwältin

Zimmer ohne Aussicht / Was man im Flüchtlingsheim unter Privatheit versteht

Du und ich / Unsere Autorin folgt auf Insta einem Unbekannten und weiß alles über ihn. Aber wollte sie es wirklich wissen?

All in! / Die Manager, die in den USA Kohle mit privaten Gefängnissen machen, müsste man in den Knast stecken

Im Land der anderen / Fotos von meiner Mutter, die für manche immer nur die „Gastarbeiterin“ war

Mutter Staat / Schon klar, die Krippen in der DDR waren toll. Außer man war Kind

Mitarbeiter dieses Hefts

Nikolai Dobreff (32)

CCO - Chief Creative Officer

Überzeugt hat uns aber nur Nikolais vielseitiges Talent – neben Büchern, Webseiten und Logos gestaltet er auch Verpackungen für vegane Schokoriegel ¬–, sondern auch sein unkonventionelles Editorial Design. Ganz nebenbei schüttelte Nikolai auch die eine oder andere perfekte Überschrift aus dem Handgelenk. Und wenn wir, passend zum Thema, ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern dürfen: Selten war eine Heftproduktion so inspirierend und unkompliziert wie diese mit dem nach Hamburg emigrierten Rostocker.

https://nikolaidobreff.de

Aslı Özçelik (26)

Fotografin / Zähneputzende

Mit ihren poetischen Bildern, für die sie ihre Mutter zwei Jahre begleitete, zog sie die Redaktion gleich in Bann. Zeigen diese doch einen intimen Einblick in den Alltag einer Frau, die – seitdem sie Ende der Achtzigerjahre aus der Türkei nach Westfalen zog ¬– allzu oft nur als „Gastarbeiterin“ tituliert wurde. „Von der Fotografin zur Fotografierten wechselte Aslı an anderer Stelle im Heft: Im DUMMY-Essay über den Safe Space Badezimmer stand sie ihrem Freund, dem Fotografen Josh Kern, beim Zähneputzen Modell.

http://www.aslioezcelik.com/

Anja Martin (52) & Maximilian Gödecke (27)

Team

Mit Recherchierlust und Akribie begeisterten sich Anja und Maximilian für die Suche nach der Privatsphäre an Orten, die alles Persönliche konterkarieren: in die sehr begrenzte Welt der zahlreichen Berliner Flüchtlingsunterkünfte von Marzahn bis Reinickendorf. Anja führte intensive Gespräche mit Menschen aus dem Iran, der Ukraine und dem Irak. Maximilian kam währenddessen den Geflüchteten mit der Kamera so nah, dass Bilder von einer spürbaren Vertrautheit entstanden.