Jeder baut mal Mist!
Wichtig ist, dass man drüber schreibt. Teil 1: der Freund der Freundin
Von Tanja Mokosch
Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort, und wer sich fragt, wie er wohl mit den großen verfahre, möge hier weiterlesen, denn ich habe sie begangen: die Kardinalsünde. Einen Verrat höchster Ordnung, den Bruch der ersten Regel des allerheiligsten Kodexes: Sisters before misters.
Ich war Mitte 20 oder vielleicht schon drüber, ist auch egal, ich war so oder so schlau genug, um ganz genau zu wissen, was ich tat. Voll schuldfähig. In diesem Stadium traf mich ein gewisser Tobi eines Nachts auf einem gammligen Sofa sitzend an, das in einem gammligen Backstagebereich stand, der wiederum zu einem damals okayen Indie-Club in Köln gehörte. Tobi setzte sich neben mich, als sonst gerade niemand im Raum war, und stellte eine Frage aus dem Drehbuch von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“: „Was ist das eigentlich zwischen uns?“ Ich lachte nur und sagte: „Häää?“
Meinem Empfinden nach war zwischen uns gar nichts. Unter anderem, weil mir und allen anderen klar war, dass einiges zwischen Tobi und meiner sehr, sehr guten Freundin Laura war, die sich beide bislang nur noch nicht über die genauen Formalien ihrer unregelmäßig stattfindenden Zusammenkünfte hatten verständigen können. Außerdem war ich todunglücklich verliebt in Felix. Der wiederum hatte so ähnlich reagiert wie ich gerade, als ich ihm einige Wochen zuvor (auf einer Karnevalsparty!) meine Gefühle gestanden hatte.
Um das Drama abzukürzen: Mir kam der überraschende Egostreichler gelegen. Tobi und ich blieben in den folgenden Wochen öfter mal als Letzte einer größeren Runde zurück und knutschten dann herum. Um vor mir selbst das Gesicht zu wahren, bildete ich mir ein, jetzt doch verliebt zu sein. Nur meine grenzenlose Loyalität gegenüber Laura stand zwischen mir und meinem – nein, unserem! – Liebesglück. In einer Karaokebar sang Tobi „Respect“ von Erasure.
I’m so in love with you
I’ll be forever blue
Ich schmachtete, neben mir stand Lauras und meine andere sehr, sehr gute Freundin Eva. Wenn die wüsste, wenn irgendjemand wüsste. Und dann verabschiedete sich Tobi plötzlich gemeinsam mit allen anderen: „Ich glaub, ich geh auch.“ Häää?
Einige Wochen später, es war schon wieder Nacht und wir feierten irgendwas, als Laura mich fragte: „Kannst du mal kurz mit rauskommen?“ Draußen war es so kalt, dass wir Zigarettenrauch und Atem nicht voneinander unterscheiden konnten. Vielleicht atmeten wir aber auch nur Rauch aus. Da schaute Laura mich an und sagte: „Eva hat mir gerade erzählt, dass sie und Tobi …“
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