Schmerz

Kurz nach Druck unserer neuen Ausgabe erreichte uns die Nachricht, dass DUMMY „indiziert“ wurde. Nicht etwa von der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften“, sondern von der sogenannten „Freiwilligen Selbstkontrolle im Pressevertrieb“, wohinter sich eine Münchener Anwaltskanzlei verbirgt, die den Presse-Grossisten Empfehlungen gibt, was man den Lesern zumuten darf und was nicht. Die Kanzlei stieß sich an zwei Darstellungen, die wir von der künstlerischen Freiheit gedeckt sehen: Einmal geht es um ein Foto von einer Performance des Künstlers Bob Flanagan, auf der sein Penis zu sehen ist, das andere mal wurde an Tätowierungen von russischen Gefängnisinsassen Anstoß genommen, die ein ehemaliger Aufseher abgezeichnet hat – und die schon in diversen Galerien zu sehen waren. Sie zeigen nackte Frauen mit gespreizten Beinen. Manche Grossisten haben sich entschieden, der Empfehlung zu folgen, andere nehmen ihren Auftrag, die Kunst- und Pressefreiheit zu stärken, wahr und liefern die Ausgabe aus. Daher liegen nun zwei Versionen am Kiosk. Wer nur die zensierte vorfindet, kann die unzensierte hier bestellen.

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Inhalt

Vom gewaltsamen Verhältnis zu sich selbst

Der Philosoph Christian Grüny über die Mär, dass wir uns nicht mehr genügend spüren

Ein Leben voller Brüche / Der Eishockeyprofi Stefan Ustorf ist ganz schön kaputt

Die beste Schote kommt noch / Der Siegeszug der Chili

Ja, wo fliegen sie denn / Nichts ist peinlicher, als wenn Fußballer so tun, als hätte sie Schmerzen

Spomenik / Auch so kann man Traumata überwinden: Auf dem Balkan gibt´s die schönsten Mahnmale

Guter Schnitt / Über einen Arzt, der sich selbst am Blinddarm operierte

Indianer kennen Schmerz / In den Reservaten sind Vergewaltigungen an der Tagesordnung

Zerstörend / Diese Unfallbilder sind schwer zu ertragen

Heftig, blendend, furchtbar elektrisch / Eine Hitliste der schmerzhaftesten Insekten

Wer hat mein Glied so zerstört? / Dieser Künstler hat´s getan

Quälende Angelegenheit / Wie ich mal überhaupt keine Lust auf SM hatte

Der Herr der Symbole / Vom Gefängniswärter zum Künstler: die wunderbaren Tattoozeichnungen von Danzig Baldaev

Ganz schön verzettelt / Über einen Mann, der immer wieder vergisst, dass seine Frau tot ist

Mitarbeiter dieses Hefts

Nickel

Artdirectors

Nachdem wir das Jubiläumsheft mit sage und schreibe 40 Grafikdesignern realisiert hatten, waren wir natürlich heilfroh, diesmal wieder mit nur zwei Art-Direktoren zusammenzuarbeiten. Dass es aber so entspannt würde, war nicht abzusehen. Dabei ging es gar nicht so gut los. Das Designbüro Nickel, bestehend aus Katrin Erl, Ivo Wojcik und Nikolaus Brade, konfrontierte uns beim ersten Treffen in ihrem Kreuzberger Domizil gleich mit Schriften, die arg in den Augen schmerzten. Nach diesem kurzen Schock aber kamen die Nickel-Leute dann selbst den großen Aua-Komplexen im Heft mit großer blattmacherischer Ruhe bei. Danke Dr. Nickel!

Jan Ludwig

Hobbychirurg

Wir waren uns eigentlich fast sicher, dass sich da ein echter Arzt unter unsere Autoren geschmuggelt hatte, doch Jan Ludwig (30) beteuert nach wie vor, er habe nie Medizin studiert. Dass ihm das Portrait des Mannes, der sich selbst den Blinddarm herausoperierte, trotzdem so fabelhaft gelang, hat angeblich mit einem Operationsvideo aus dem Internet zu tun.

Constantin Wißmann

Sportsfreund

Constantin war Stefan Ustorf, „der Mann, der alle Verletzungen gehabt hat, die man haben kann“, natürlich ein Begriff. Als er ihn in Berlin zum Interview traf, hatte er einen zermürbten Sportinvaliden erwartet, doch er erlebte einen stolzen Profi, der ihm glaubhaft versicherte, er bereue nichts.