Global betrachtet hat sich der Lärm in bestimmte Weltgegenden verzogen. In den Urwäldern röhren die Motorsägen, in den überfüllten Städten Afrikas schwillt das Gemurmel der Abgehängten an, und in den Kriegsgebieten des Nahen Ostens knattern die Maschinengewehre. Die sogenannte Erste Welt hingegen wird immer leiser – vielleicht nicht, wenn man das Pech hat, in der Einflugschneise eines Flughafens zu wohnen, an einer viel befahrenen Straße oder neben einem Nachbarn, der gern Techno hört, aber generell betrachtet auf jeden Fall. Der von Maschinen produzierte Lärm klingt unter dem Eindruck des Wandels zur Dienstleistungsgesellschaft immer mehr ab, die Elektromobilität wird den Verkehr mittelfristig akustisch beruhigen, die Partywütigen werden aus Rücksicht auf gestresste Besitzer von Eigentumswohnungen in Gettos verdrängt. Trotz der umfänglichen Beruhigung hat man den Eindruck, dass die Klagen über das laute Leben zunehmen, dass die Zahl der Empfindlichen steigt. Erklärbar ist dieser Widerspruch mit dem anschwellenden Grundrauschen, das sich aus Abstiegsängsten, Sozialneid und Egoismus speist und seinen Resonanzraum vor allem im Internet hat. In den Kommentarspalten wird Rabatz gemacht, wird gepöbelt, gehetzt und Streit gesucht. Dieses Heft geht ganz ambivalent mit dem Sujet um.