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N° 84, Nerven

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Beutekunst

Bevor das Bargeld aus den Kassen verschwand, war L.A. die Hauptstadt des Bankraubs. Nun hat eine deutsche Fotografin den Tresor mit den Bildern der Überwachungskameras geknackt

Es gab eine Zeit, da folgte die Statistik für Banküberfälle in Los Angeles einem einfachen Prinzip: Es gab genau einen pro Stunde, also 24 am Tag. Rund 8.760 Mal im Jahr rannte ein Mann (es waren tatsächlich fast ausschließlich Männer) in eine Bankfiliale, bedrohte die Angestellten und forderte Geld. Damit war L.A. vom Ende der Achtziger bis in die Neunzigerjahre die Welthauptstadt der Banküberfälle. Angesichts begrenzter Ressourcen entschied das Police Department, sich auf die notorischen Wiederholungstäter zu konzentrieren. All jene, die mindestens zwanzigmal zugeschlagen hatten. Alles andere verschwand in den Akten.

„The System screwed me, now I screw the system“: Bankräuber bei der Arbeit

Die deutsche Fotografin Edith Held, die sich mit ihren Projekten immer wieder auch historischer Stoffe annimmt, wollte 2019 in L.A. Originalschauplätze dieses Booms besichtigen. Bei ihrer Recherche landete sie eines Tages in Santa Monica, im Haus eines FBI-Beamten, der damals über dreißig Jahre die Abteilung Bankraub leitete und ihr nur zu gern aus dieser wilden Zeit erzählte. Von den brutalen Typen, die mit der abgesägten Pumpgun drohten und rumschrien, von den gruseligen Halloween-Gestalten oder auch den höflichen Räubern, die sich per Handzettel für die Umstände entschuldigten und versicherten, niemandem schaden zu wollen. Überhaupt, diese sogenannten Hold-ups, also die auf Zettel geschriebenen Forderungen der Bankräuber, hatten es Edith Held neben den Fotos der Überwachungskameras angetan. Ob die irgendwo verwahrt seien und wenn ja, ob man die denn mal anschauen könne, fragte sie den pensionierten FBI-Mann. Tja, antwortete der, schwierig, schwierig. Dafür müsste man das Aktenzeichen wissen und dann über einen Anwalt einen Antrag stellen, für jeden Fall einzeln. Oder, und hier machte der FBI-Mann eine nicht nur altersbedingte Verschnaufpause, sondern auch eine dramaturgische, er könne mit der neugierigen Fotografin aus Germany auch mal auf seinen Dachboden gehen, dort habe er das ganze Zeug ordentlich in Kisten verstaut, also Akten voller Bilder und Hold-ups. 

Akte vom Dachboden: Bei einem pensionierten FBI-Beamten lagerten Hunderte Bilder

Es blieb dann natürlich nicht bei dem einen Besuch. Zur Sichtung des ganzen Materials kehrte Held noch häufiger nach Los Angeles zurück. Für das nächste Jahr plant sie nun eine Ausstellung mit einer Auswahl der Asservate, ergänzt durch ihre eigenen Fotografien. Auch ein Dokumentarfilm über ihre Recherche ist geplant. Und ihr liebster Spruch auf einem der Hold-ups? Da muss Held nicht lange überlegen: „The system screwed me – now I screw the system.“ 

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